Götter, Menschen, Irrtümer

Vierter Akt


Erste Szene

 

(Hades bei Artemis im Garten.)

 

Hades: Sei mir gegrüßt mein schönes Kind!

 

Artemis: Du mir auch, mein finst`rer Gott.

Du kommst in nur sehr kurzer Zeit

Zum zweiten Mal bei mir vorbei geschneit,

Wie du`s noch nie getan hast.

Sag` mir den Grund für dein` Besuch.

 

Hades: Die Erdendecke fällt mir auf den Kopf,

D`rum sah ich mal bei deinem Vater,

Meinem Bruder so vorbei, wie`s ihm so geht,

Was denn so sei. Und gestern war`s

Als ich in feuchte Tiefen Poseidon,

Meinen and`ren Bruder hab` besucht.

Ich bekomm` doch in meinen finst`ren Tiefen

Nicht all zu viel vom Leben mit.

Da dacht` ich mir, daß ein Besuch,

Wie der vor nicht all zu wen`gen Tagen,

Der ja wirklich freudig war,

Gar kein schlechter Einfall wär`.

 

Artemis: Dir fällt die Decke auf den Kopf?

Und suchst meine Näh`?

Ich glaub` zur Zeit geht der Götterwahn umher.

 

Hades: Wie darf ich diese Deine Worte denn versteh`n?

Ist dir nicht recht,

Wenn ich meine mir so liebe

Götterverwandtschaft will mal seh`n?

 

Artemis: Ich will dir sagen warum ich so red`.

Erst handelt die Morgenschöne gegen meinen Will`n.

Doch dies am Rand bemerkt, mir ist`s recht,

Es ist nicht weiter schlimm,

Kommt`s doch hin und wieder vor.

Dann dreht mein Bruder völlig durch

Und entdeckt sein Göttersein,

Wie einst Prometheus sein Titanenmitgefühl,

Für diese Menschenkinder.

Sagt, sie sollen nicht mehr an uns glauben.

Und jetzt kommst du daher

Und laberst was von göttlicher Verwandtschaft

Und all so`n Quatsch,

Dabei war`s dir mehr als hundert Jahre gleich.

Ich bitte dich, das kann doch alles nicht so sein!

 

Hades: Das klingt ja wirklich schauerlich,

Was du mir da berich`st,

Da will ich nicht so kleinlich sein

Und dir den Grund für mein Erschein`,

Hier bei dir, ganz ungezwungen auch berichten.





 

Zweite Szene

 

(Eos und Apollon unterhalten sich auf dem Olymp.)

 

Eos: Wie meinst du das?

 

Apollon: Wie ich`s sag`.

 

Eos: Ich versteh` nicht recht?

 

Apollon: Es ist so einfach, und grade d`rum

Ist`s für dich nicht zu erseh`n.

Doch ist`s nicht schlimm,

Denn es wird eh anders komm`,

Dann wirst du seh`n.

 

Eos: Auch wenn du mir in Rätseln sprichst,

Weiß ich doch,

Daß du nicht bist wie deine Schwester,

Die so hart und schlecht sich gegen mich verhält.

 

Apollon: Du mußt versteh`n, es ist nicht so,

Daß sie sich gegen dich persönlich wand,

Es ging ihr nur gegen ihren Willen,

Wenn ihrer wird nicht anerkannt

Und durch dein Handeln tatest du genau dies Ding

Und nun fing sich diesen,

Der von dir begehrten Mann,

Ein neues Herzlein ein

Und dieses schloß sich diesem an.

Doch ist`s nicht das Herz,

Welches er schon hat,

Ein neues ist`s in der Tat.

 

Eos: Du meinst,

Er hat das Herz einer zweiten Frau für sich gewonnen?

Wieso hat er dann nicht auch gleich mich genommen?!

 

Apollon: Ihn trifft keine Schuld,

Denn er ist so ahnungslos

Als hätt` er den Schoß der Mutter gerad` verlassen.

Von alledem, was um ihn geschieht,

Hat er keinen blassen Schimmer,

Doch was er ersehnt, bekommt er nimmer,

Selbst wenn`s zum Augenblick so scheinen mag.

Denn wüßt´ er dies, was er nicht weiß,

Träf` ihn im selben Augenblick der Schlag.

Und trüg` ihn hinab in`s Grab,

Doch er wird nicht den Acheron überqueren.

 

Eos: So meinst du Charon kann mir weiter helfen?

 

Apollon: Müh` dich nicht,

Denn du wirst ihn nicht bekommen,

Denn seinem Schicksal

Hat sich schon ein and`res Wesen angenommen,

Gegen dieses bist du machtlos

Wie die Male auch davor,

Und außerdem war`n meine Wort,

Daß er nicht den Acheron zu überqueren braucht.

Ich merk` es schon, noch immer ist dein Verstand

Von seinem Sein total benommen,

So wie du ihn dir nahmst,

Wurd` er dir auch gleich genommen.





 

Dritte Szene

 

(Kephalos und seine Prokris liegen zweisam in ihrem Bett vereint, während draußen leis` der Himmel weint.)

 

Kephalos: Ich dachte erst,

Daß gibt es nicht,

Daß meine Prokris kommt mir,

Nur mit einem dünnem Tuch,

Daß nichts verbarg, bedeckte,

In dem Stall zu helfen,

Doch als du, nein nicht du, sie,

Die mich verführen wollt`,

Nicht das Wort,

Welches wir uns ausgedacht

Zu uns`rem Schutz, hat sagen könn`,

Da schickt ich sie den Mißt aufkehr`n.

Und wie ich ihr den Rücken dreh`

Wart sie verschwunden.

 

Prokris: Auch ich dacht erst,

Als du, nein er,

Der sich deinem Ausseh`n hat bemächtigt,

Nackt aus den Fluten uns`res Flusses stieg,

Von Helios ganz wunderbar in`s Licht gesetzt,

Es wär` ein Traum. Doch kaum fragt` ich ihn,

Als er meine Lippen mit den seinigen berühren wollte,

Nach uns`rem Wort, so wurd` er Schaum

Und der Fluß nahm ihn mit sich fort.





 

Vierte Szene

 

(Eos bei Helios auf seiner Insel.)

 

Helios: Den Gefallen,

Um den du mich ersuchst,

Werd` ich dir nicht erfüll`n.

Dein neuer Plan ist,

Wie`s auch schon der alte war,

Kein bißchen überlegt.

Ich schäme mich, und sei`s,

Weil ich dein Bruder bin,

Doch kann ein Niemand nichts dafür,

In welche Familie er geboren wurd`.

Muß er sich doch mit dies`m Los abfinden,

So wie sich einst die drei Titanenkinder

Mit ihrem Anteil auch abfanden,

Als auch dort das Los verriet,

Wer über Himmel, Meer und Unterwelt gebiet`.

 

Eos: Ein jeder weist mich ab,

Keiner will mir an der Seite steh`n.

Hat sich alles gegen mich verschworen?

Oder ist mein innerstes Begehren wirklich so absurd?

 

Helios: Du kannst dir sicher sein,

Daß sich niemand dir verschworen hat,

Es ist einzig und allein nur deine Tat,

Die auf Widerwillen

Im gesamten Götterkreis hier trifft.

 

Eos: Deine Worte treffen mich,

Weil sie mich kein Stück weiter bringen,

Und trösten mich,

Auch wenn es ihnen nicht an Härte fehlt,

So kann ich ohne Sorge sein,

Daß sich die übri`en Götter

Gegen mich vereint aus Gründen,

Die ich nicht zu wissen glaubte.

 

Helios: Es gibt doch keinen wahren Grund,

Um dies zu tun,

Auch wenn wir Götter unter`nander Argwohn hegen.

Laß dir diesen Rat gefall´n,

Ich seh` auf meinen täglich Fahrten

Viele junge stolze Männer,

Such` dir einen aus der Masse aus!

Mit dem du kannst, ohne Bangen,

Daß ein and`rer Gott ihn dir

Vor der Nase weg wird fangen,

Dich in`s gemachte Lager legen.

Ich sorg` dafür, daß du

Aller Götter Segen haben wirst.

 

Eos: Ich weiß noch nicht?

Dein Rat klingt gut, doch glaub` ich,

Daß ich nur dies eine Mal noch,

Zum Letzten soll es sein,

Mein Plan nicht fallen lassen kann,

Aber über deine Worte werd` ich denken.





 

Fünfte Szene

 

(Artemis und Hades unterhalten sich im Garten der göttlichen Jägerin.)

 

Artemis: Mein Bruder sagt,

Daß die Morgenschöne sich hilfesuchend

An den ihrigen gewandt,

Um mit seiner Macht die meinige zu brechen.

Denn seine Kraft ist der Meinen bei weitem überlegen,

Doch mit deiner Hilfe werden wir das Schiff

Nach uns`rem Willen lenken.

 

Hades: Du meinst, er ist zu helfen ihr bereit?

Dann laß uns keine Zeit verlieren!

 

Artemis: Sprich` nicht von verlieren,

Wo wir uns`ren Sieg nun sicher haben.

 

Hades: Ein Sieg gibt`s nur im Krieg zu holen.

 

Artemis: Du wirst doch nicht von Krieg hier sprechen?!

Es ist ein sportlich Wettstreit, ein Spiel

Um dessen Preis wir ringen.

Hör` zu, wie ich`s gedenk zu tun!

 

(Artemis erzählt Hades ihren Plan.)

 

Hades: Ein schönes Bild, was du mir zeigst.

Ein wahrlich göttlich Plan

Entspringt aus deinem Geist.

 

Artemis: Wart`s ab,

Ist`s besser, wenn du schweigst!

Wild ist das Spiel,

In weiter Sicht ist noch das Ziel.

Doch wenn wir erst den Preis gewonnen,

Ein jeder hat den seinen mitgenommen,

Kannst du nach Herzenslust mich preisen.


 

 

Inhalt

 

letzte Bearbeitung: 29.01.2012 Literatur Dramen Kontakt: Ray Helming